Ein Spaziergang durch das alte Berlin

Ein Rundgang durch das historische „Klosterviertel“

Bei einem Spaziergang durch Berlins historische Mitte im Klosterviertel, spürt man noch die „gute alte Zeit“.

Der Name ist auf das ehemalige Franziskaner-Kloster zurückzuführen, welches sich in der Klosterstraße befand. Heute ist es nur noch eine Ruine und heißt wie früher Graues Kloster, nach den Mönchen, die dort immer graue Kutten trugen. Die Straße wurde nach dem Kloster benannt und das Viertel nach dieser Straße.

Ich habe mich also auf einen Rundgang durch das Viertel begeben und die U-Bahn-Station „Klosterstraße“ der Linie 2 als Startpunkt gewählt.

Rund um den Molkenplatz gehören das Nicolaiviertel auf der einen Seite und das Klosterviertel auf der anderen Seite zum alten Berlin. Es fällt heute schwer, sich zwischen Grunerstraße, Stralauer Straße und Littenstraße das Leben mit klappernden Kutschen in engen dunklen Gassen, hinter einer hohen Stadtmauer vorzustellen. Doch Zeugen von alledem sind heute noch erkennbar.

Parochialkirche
















Unmittelbar nach dem Verlassen der U-Bahn stehe ich vor der Parochialkirche, 1703 als Stadtkirche für die reformierte Gemeinde eingeweiht. Die Kirche gilt als erster barocker Kirchenbau von Rang in Berlin. Um die Kirche herum liegt der historische Kirchhof mit einer Reihe alter Grabkreuze. Ein Bombenangriff machte die Kirche 1944 zur Ruine. Die Turmspitze mit dem berühmten Glockenspiel, das einst König Friedrich-Wilhelm I. gestiftet hatte, wurde zerstört.

Erst nach der Wende wurde in der 90er Jahren damit begonnen, das Äußere der Kirche wiederherzustellen. Inzwischen kann man auch dem Glockenspiel wieder dreimal täglich um 9, 12 und 18 Uhr lauschen.

Restaurant Zur letzten Instanz
















Hinter der Kirche liegt das Restaurant „Zur letzten Instanz“. Mit der Eröffnung des Biedermeierstübchen, legte ein Reitknecht des damaligen Kurfürsten den Grundstein für das heute erhaltene Restaurant direkt an der ehemaligen Stadtmauer.

Doch die erste urkundliche Erwähnung des heutigen Restaurantgebäudes stammt bereits aus dem Jahr 1561 und somit gehört die Letzte Instanz zu den ältesten Berliner Restaurants.

In den 20er Jahren waren berühmte Persönlichkeiten wie Henny Porten, Maxim Gorki, Charly Chaplin, Heinrich Zille oder Clara Zetkin gern gesehene Gäste in dem Lokal.

Gestärkt nach deftiger Berliner Hausmannskost laufe ich weiter die Parochialstraße hinunter bis zur Jüdenstraße, eine der ältesten Straßen von Alt-Berlin. Sie ist Ende des 13. Jahrhunderts nach dem hier gelegenen Großen Jüdenhof benannt. Von der alten Bebauung der Jüdenstraße blieben nach den 2.Weltkrieg nur das Rote Rathaus sowie das Alte und das Neue Stadthaus erhalten. Die Jüdenstraße gehört zum Molkenplatz, an dem der prächtige Bau des Alten Stadthauses steht.

Das alte Stadthaus am Molkenplatz














Das Gebäude wurde 1911 feierlich eingeweiht. Berlin brauchte zur damaligen Zeit mehr Platz, als im Rathaus zur Verfügung stand. Das wohl wichtigste Ereignis, das jemals im „Alten Stadthaus“ stattfand, war die Verhandlung zum Einigungsvertrags 1990 unter Führung von Lothar de Maizière – dem letzten Ministerpräsidenten der DDR. Heute beleben das denkmalgeschützte Haus die Mitarbeiter der Senatsverwaltung des Inneren.

Über die Stralauer Straße komme ich zur Littenstraße. Wie fast alle Straßen im Viertel hat auch die Littenstraße eine wechselnde Geschichte. Namensgeber ist der jüdische Rechtsanwalt Hans Litten. In der Nazizeit verteidigte er Arbeiter, die wegen ihrer politischen Aktivitäten angeklagt waren. Im Hans-Litten-Haus in der Littenstraße erinnert eine Gedenktafel an den Rechtsanwalt.

Die Littenstraße wird auch „Anwaltsstraße“ genannt, denn neben dem „Deutschen Anwalts-Verein“ ist ein paar Schritte weiter das Amtsgericht Berlin-Mitte ansässig. Es ist im Stile des süddeutschen Barocks errichtet und wurde 1904 fertiggestellt. Von außen noch eher unscheinbar, eröffnet sich innen ein architektonisches Bauwerk von prachtvoller Schönheit.

Amtsgericht Berlin-Mitte
Trotz der Dimension wirkt der „Justizpalast“, wie das Gerichtsgebäude auch gern genannt wird, nicht wirklich pompös. Herzstück der fast kreisrunden Halle sind die Zwillingswendeltreppen, die die Etagen verbinden und von jeder Etage den Blick in den Eingangsbereich freigeben.

Gegenüber dem Gericht waren die Franziskaner-Mönche zuhause. Zeugnis ist die Klosterruine, die auf eine Geschichte bis in das Jahr 1250 zurückblicken kann und zur Gründungsgeschichte Berlins gehört. Zuerst stand hier eine Feldsteinkirche, Reste davon sind noch heute in der nördlichen Mauer der Ruine zu finden. Mit dem Bau einer dreischiffigen Basilika wurde Ende des 13. Jahrhunderts begonnen. Infolge der Reformation wurde das Kloster aufgelöst, von dem heute außer der Kirchenruine kein Gebäude mehr erhalten ist.

1574 wurde hier das Berlinische Gymnasium zum Grauen Kloster eröffnet. Berühmte Schüler und Lehrer wie Karl Friedrich Schinkel, Friedrich Ludwig Jahn und Otto von Bismarck besuchten die Klosterkirche. Im April 1945 wurde die Kirche durch Bombenabwürfe zerstört. Später wurden die Trümmer entfernt und die Ruine gesichert. Die übrigen Gebäude wurden vollständig abgerissen.

Inzwischen erlebt die Ruine eine große Aufmerksamkeit wegen der gegenwärtigen Debatten um die historische Mitte Berlins und die städtebaulichen Planungen für den Molkenmarkt. Doch bis es zu einer baulichen Veränderung kommt, wird das Areal gern für Ausstellungen, Aufführungen oder Konzerte genutzt.

Wer noch mehr Informationen und weitere Details über das Viertel wissen möchte, nutzt meine Tour bei lialo. Mit dem eigenen Smartphone lässt sich die Tour spielerisch verfolgen, damit der Spaziergang zu einem Erlebnis wird.

Mit dem Link geht es direkt zur Tour.  Alt, Älter, Klosterviertel    

Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

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